Umfrage: Österreich sagt Nein zum Gigaliner
Schwerer als so mancher Kampfpanzer und länger als zwei Linienbusse hintereinander – geht es nach dem Willen der EU-Kommission könnte das bald schon zum Standardmaß eines ganz normalen Lkw in der EU werden.
Die Mehrheit aller Bürger:innen in der EU will keine so genannten Gigaliner, also Lkw mit 44 Tonnen oder mehr und 30 Metern Länge. So auch in Österreich: Das hat eine repräsentative Umfrage des französischen Marktforschungsunternehmens Harris Interactive unter 980 Menschen in Österreich ergeben. 65 % der Österreicher:innen lehnt den Einsatz größerer Lkw und Gigaliner auf den heimischen Straßen ab. EU-weit wurden mehr als 8.000 Menschen in 9 Ländern (FR, DE, BE, AT, IT, PL, HU, ES and RO) befragt, insgesamt sagen 51 % „Nein“ zu größeren Dimensionen.
Rückverlagerung von der nachhaltigen Schiene auf die Straße
Derzeit erwägt die Europäische Union (EU) mit einer Novelle der Richtlinie zu „Höchstzulässigen Maßen und Gewichten“ (Weights and Dimensions Directive, Anm.) größere und längere Lkw auf allen europäischen Straßen zuzulassen. Größere Lastwagen und Gigaliner sollen mehr Güter pro Fahrzeug transportieren und damit für weniger Verkehr auf den Straßen sorgen, so das Argument. Untersuchungen belegen allerdings, dass das Gegenteil der Fall wäre. Durch die größeren Ladekapazitäten würden die Preise für Transporte auf der Straße sinken. Das würde zu einer Rückverlagerung von der nachhaltigen Schiene auf die Straße führen und dadurch am Ende noch mehr Verkehr bringen. Zusätzlich haben größere Lkw massive negative Auswirkungen auf Sicherheit, Straßeninfrastruktur und Faktoren wie Lärm und Schadstoffemissionen.
Die Befragten waren sich zum Zeitpunkt der Befragung nicht bewusst, dass diese Mega-Lastwagen eine Vielzahl von Sicherheitsbedenken mit sich bringen und ein erhebliches Risiko für die bestehende Infrastruktur darstellen. Nach Bereitstellung von Informationen über die Eigenschaften dieser Fahrzeuge betrachtete eine Mehrheit den Einsatz von Gigalinern als negativ und äußerte Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen auf die Straßeninfrastruktur, die Überlastung, die Verkehrssicherheit und den Lärm. Die große Mehrheit bevorzugt die Förderung des kombinierten Verkehrs von Straße und Schiene, um die Straßenüberlastung zu verringern und höhere Sicherheitsstandards zu gewährleisten.
Sorge in der Bevölkerung: Schlecht für Mensch und Umwelt
Mehr als 80 % der befragten Österreicher:innen sorgen sich, dass schwerere Lkw enorme Auswirkungen auf den Zustand der Infrastruktur haben und hohe Investitionen erfordern werden, während sie auch einen gefährlicheren Verkehr mit höheren Risiken für andere Verkehrsteilnehmer:innen befürchten. 57 % der Österreicher:innen rechnen mit mehr Verkehr, da der Lkw-Transport billiger wird. Rund 70 % sind überzeugt, dass sich die Einführung von Gigalinern durch mehr CO2-Emissionen negativ auf das Klima auswirken wird, und sie befürchten, dass schwerere Lkw und Gigaliner auch zu mehr Belästigung von Anrainer:innen (Stichworte Lärm, Staubildung, etc.) führen werden.
Die internationale Rating-Plattform EcoVadis hat die ÖBB Rail Cargo Group (RCG) hinsichtlich ihrer Corporate Social Responsibility (CSR) bewertet und bereits zum dritten Mal in Folge mit dem Status „Gold“ ausgezeichnet. © ÖBB/Hanno Thurnher
Ja zu höheren Gewichten für E-Lkw, nein zu Freifahrtschein für Verbrenner und Gigaliner
Bereits im März warnte der europäische Schienengüterverkehrssektor, dass die EU zwar beabsichtigt, den Verkehr umweltfreundlicher zu gestalten, indem sie mehr Gewicht und Platz für Batterien zulässt, der aktuelle Vorschlag jedoch die Ziele des „EU Green Deals“ gefährdet, da er nur den Straßenverkehr optimiert und die enormen Auswirkungen auf den gesamten Verkehrssektor außer Acht lässt.
Clemens Först, Vorstandssprecher der ÖBB Rail Cargo Group: „Die Schiene ist unsere einzige Chance auf einen nachhaltigen Landverkehr und essenziell, um die Ziele des europäischen Green Deals zu erreichen. Sollte die EU-Richtlinie für höchstzulässige Gewichte und Abmessungen der Straßenfahrzeuge in ihrer aktuellen Form beschlossen werden, wird der Schienengüterverkehr gegenüber der Straße weiter an Attraktivität verlieren. Was wir mehr denn je brauchen, ist ein fairer Wettbewerb, der die externen Kosten für CO2-Emissionen, Verkehrssicherheit und den enormen Umbaubedarf der Straßeninfrastruktur berücksichtigt. Wir unterstützen explizit höhere Gewichte für E-Lkw, dies darf aber nicht als Feigenblatt für eine gleichzeitige Gewichtserhöhung für klassische Verbrenner dienen.”
Mitte Juni will der EU-Verkehrsminister:innenrat final über eine neue Richtlinie für neue Maximal-Längen und -Gewichte von Lastwagen im europäischen Straßenverkehr entscheiden.
Rail Freight Forward
Rail Freight Forward (RFF) ist ein Zusammenschluss europäischer Güterbahnen, die sich zum Ziel gesetzt haben, die negativen Auswirkungen des Güterverkehrs auf den Planeten und die Mobilität durch Innovation und einen intelligenteren Verkehrsmix drastisch zu reduzieren. Der Zusammenschluss hat das Ziel, den Anteil des Schienengüterverkehrs für das europäische Wachstum am Modal Split bis 2030 auf 30 Prozent zu erhöhen. RFF will dabei Eisenbahnunternehmen, Infrastrukturbetreiber und politische Entscheidungsträger in ganz Europa in die Maßnahmen zur Verwirklichung dieser Verkehrsverlagerung einbeziehen. Rail Freight Forward ist eine große Koalition, die ständig wächst.
Die Koalition setzt sich aus Schienengüterverkehrsunternehmen zusammen und wird von den Verbänden CER, UIC, EFRA und VDV unterstützt. Die derzeitigen Mitglieder von Rail Freight Forward sind BLS Cargo, CD Cargo, CFL cargo, CIT, DB Cargo, Fret SNCF, FTE, Green Cargo, Lineas, LTE Group, LTG Cargo, MEDWAY, Mercitalia, Ost-West Logistik, PKP Cargo, ÖBB Rail Cargo Group, Renfe Mercancias, SBB Cargo, und ZSSK Cargo.
Rail Cargo Group: Güterverkehr der ÖBB
Als führender Bahnlogistiker in Europa gestalten wir die Branche. 365 Tage im Jahr – 24 Stunden am Tag. In Europa und bis nach Asien. Mit unserer Präsenz in 18 Ländern verbinden wir Menschen, Unternehmen und Märkte – von der ersten bis zur letzten Meile. Unsere 5.912Logistikprofis ermöglichen, dass wir jährlich rund 419.000 bzw. täglich rund 1.150 Züge sicher an ihr Ziel bringen. Jedes Jahr transportieren wir durch effiziente End-to-end-Logistiklösungen über 78 Millionen Nettotonnen. Operative Leitgesellschaft der Rail Cargo Group ist die Rail Cargo Austria AG.
Pressemeldung ÖBB