Obus-Verkehr in Salzburg - Ein Fall für Don Quijote und den Gemeinderat?
Der öffentliche Verkehr in Salzburg regt viele auf, noch mehr reden, die Parteien sind planlos, Ankündigungen folgen großspurig, doch es passiert nichts.
Seit 21.12.2021 erhitzt der öffentliche Verkehr in Salzburg rund um Obus, Albus und Postbus die Gemüter engagierter Bürger, als in den Salzburger Nachrichten bekannt gegeben wurde, was ein schweizer Planungsbüro als Lösung für die Verkehrsmisere in zweijähriger Arbeit zustande gebracht hat. Den reinsten Holler, wenn man sich in Salzburg wirklich auskennt und in Zukunft weiter auf den Obus als umweltfreundlichstes Verkehrsmittel setzen will.
Nach Veröffentlichung des zukünftigen Liniennetzes samt Interview ruderte die zuständige Vizebürgermeisterin Dr. Unterkofler im ORF (Salzburg Heute) zurück: "Die veröffentlichten Informationen zum neuen Verkehrskonzept sind nicht von mir in die Öffentlichkeit getragen worden und inhaltlich unrichtig."
SN-Bericht vom 21.12.2021
War der professionell erstellte Bericht so kurz vor Weihnachten tatsächlich unwahr, oder kam der politische Gegenwind gleich so heftig aus allen Richtungen, dass man die Flucht nach vorne antreten musste, um das Gesicht zu wahren? Das mag unbeantwortet bleiben, bis in einer Pressekonferenz am 24.01.2022 - nur für ausgesuchte Journalisten - eine Gesamtverkehrsstrategie für Salzburg präsentiert wurde, die hoffnungsvoll auch das Obusnetz behandelte. Von konkreten Anpassungen bei den Autobuslinien (betrieben durch Albus) oder beim Postbus findet man gleich gar nichts mehr, dafür gibt es eine Seite mit angedachten Veränderungen für die Obuslinien 8, 9 und 12.
Welcher "große Wurf" vor 30 Jahren ist denn überhaupt gemeint? Da gibt es nichts, vielleicht ist 2003 gemeint, als das Liniennetz zuletzt aufgeräumt wurde. Teil-Liniennetz | Konzept Unterkofler 2021/2022 | Linie 8, 9, 12 Wenn alles nach dem Plan der Schweizern umgesetzt werden soll, wann präsentiert man dann den Plan der Öffentlichkeit?
Der Öffi-Freund könnte den Eindruck gewinnen, über Weihnachten wurde ganz schnell etwas zusammengebastelt, um es den Medien als "großen Wurf" präsentieren zu können, doch weit gefehlt. Nicht einmal die Linienfarben sind im Konzept korrekt wiedergegeben: Linie 8 ist aktuell orange und nicht rot, das wäre die Obuslinie 1.
Nach der Präsentation durfte man sich also auf gravierende Änderungen zum nächsten Fahrplanwechsel einstellen, die wohl durch die Salzburg AG als Betreiberin des Obusbetriebs umzusetzen wären. Die angekündigte Taktverdichtung der Obuslinien 9 (mit Verlängerung nach Alpensiedlung) und 12 würde mindestens 19 Obusse im werktäglichen Betrieb erfordern. Wo sollen die Fahrzeuge herkommen und wer soll die massiven Mehrkosten tragen? Für die über Leopoldskron verlegte Obuslinie 8 kämen ohnehin nur noch die neuesten Batterie-Obusse der Fa. Hess zum Stückpreis von über 1,1 Mio. Euro zum Einsatz, denn die Oberleitung fehlt auf weiter Flur. Die Stadtbibliothek komplett vom Zentrum abzuschneiden und mit 18,75 m langen Fahrzeugen durch Leopoldskron zu tingeln macht ja nicht wirklich Sinn. Diese als Ringlinie verkaufte Verbesserung ist ja auch gar keine Ringlinie. In der Josefiau hätten gar keine Obuslinien mit ihrer Endstation Platz, die Linie 8 käme an keinem betrieblich zwingendem Halt für Fahrerablösen vorbei etc. Die Negativpunkte an der Veränderung der Obuslinie 8 sind unendlich lang und sollen hier nicht weiter aufgezählt werden.
Wie geht es weiter? Politische Weiterbildung in Sachen Obus und öffentlicher Verkehr ist zwingend nötig!
Politik lebt von der Diskussion, auch mit den Bürgern. Nicht nur vor der Wahl, sondern auch danach und fortlaufend. Wenn sich Stadt und Land die Experten im Ausland suchen (müssen), dann liegt die Vermutung nahe, dass man in die eigenen Stellen und zuständigen Personen und Institutionen kein Vertrauen hat. Ein Armutszeugnis, wenn man die eigenen Probleme nicht selbst lösen kann (oder will). Da Sebastian Krackowizer seit vielen Jahren versucht, die politischen Parteien und die Salzburg AG für ein kostengünstigeres Obus- und Albusnetz zu begeistern, das zugleich den Fahrgästen bessere Fahrpläne und den Busfahrern bessere Arbeitsbedingungen ermöglichen würde, war die Verwunderung bei vielen groß, als in der Pressekonferenz der Vizebürgermeisterin davon gesprochen wurde, es gäbe überhaupt kein Gesamtkonzept.
"Schon im November 2015 versuchte Sebastian Krackowizer seine Vorschläge der Salzburg AG zu präsentierten, scheiterte jedoch an der damaligen und derzeitigen Führung, die jegliche Diskussion ablehnte und medial verbot".
Einer hat es verstanden - Dr. Christoph Ferch
Von Pontius zu Pilatus zu laufen bringt in Salzburg gelegentlich doch etwas, denn die kleine Partei "Liste SALZ" um Dr. Christoph Ferch hat sich das Konzept von Sebastian Krackowizer näher angesehen und im persönlichen Gespräch auch detailliert erklären lassen. Mit aufkommender Begeisterung für das spannende Thema öffentlicher Verkehr, sah sich Dr. Ferch bereit, es mit einem Gemeinderatsantrag zu versuchen, um der Stadt eine Alternative zum schweizer Konzept aufzuzeigen, die die Stadt nicht in horrende Unkosten stürzt und die Salzburg AG vor unüberwindbare Herausforderungen stellt, da schlichtweg das Material (Fahrer, Fahrzeuge) zur Umsetzung der Unterkofler'schen Pläne fehlt.
Der Antrag mit 5 Forderungen zur Umsetzung wurde schließlich am 18.05.2022 im Gemeinderat eingebracht und mit einem langen Anhang zur genauen Erläuterung der Punkte abgeschlossen. Salzburg darf gespannt sein, wie die ressortzuständige Vizebürgermeisterin jetzt damit umgehen wird, schließlich sind die Punkte des Antrags in der Umsetzung um mehrere Millionen Euro jährlich günstiger als der schweizer Plan. Die Stadt ist wohl zur Sparsamkeit angehalten, oder nicht? Sitzt das Geld locker, kann man es sinnlos verprassen, oder für alle Anspruchsgruppen nachhaltige Verbesserungen schaffen? Warten wir ab...