Zum Inhalt springen
Filter Filter
Region
AT224 Oststeiermark
Branche
Steiermark Bahn (StB)
|
Neue Gleichenberger Bahn

Gleichenberger Bahn – vom Dornröschenschlaf in die Zukunft!

von R.F.

Foto: Wikipedia Die Gleichenberger Bahn fiel über Jahrzehnte in einen verkehrspolitischen „Dornröschen-Schlaf“, weil in der heutigen Zeit die umweltpolitischen Vorteile der Bahn zur Verlagerung des Straßenverkehrs auf die Schiene, nicht ...

Presseinformation & Offener Brief

Am Allerheiligentag waren genau die Politiker erstaunt, die das selbst mit Nachdruck betrieben haben, nämlich die Einstellung der Lokalbahn Feldbach – Bad Gleichenberg, als „Gleichenberger Bahn“ bekannt. in-motion.me hat darüber berichtet und 124.000 Internet-User (einhundertvierundzwanzigtausend) haben auf diesen Artikel am Tag 1. November 2021 zugegriffen und gelesen! Das ist übrigens bis jetzt absoluter Rekord! Das Interesse an der Gleichenberger Bahn ist offensichtlich gewaltig!

Nach einigen Tagen wurde bekannt, dass die Steiermark Bahn & Bus GmbH. ab dem 18. Dezember 2021 bis zum 9. Januar 2022, also über die Weihnachtsfeiertage und den Jahreswechsel, an Samstagen, Sonn- und Feiertagen und am 24.12.2021 und 31.12.2021 wieder kurzfristig den Betrieb, mit jeweils drei Zugpaaren, aufnehmen wird. Das hat den Charakter eines letzten Aufbäumens vor den „endgültigen Untergang“.

Während weltweit, mit mehr oder wenigem Nachdruck an der Renaissance der Schiene, dem Verhindern des Klimawandels und der Dekarbonisierung gearbeitet wird, wollen Lokalpolitiker in der Südoststeiermark, zurück in die „verkehrspolitische Steinzeit des Automobils“, mit der Degradierung der Gleichenberger Bahn zu einer „Tourismusbahn“ bzw. letztendlich das Eliminieren dieser umweltfreundlichen Bahn. Diese Art von Rückwärtsorientierung hat man geglaubt, dass sie in unserer modernen aufgeklärten Zeit längst ausgestorben sei. Wie sog. „Tourismusbahnen“ enden, wenn sie in die Klauen von Finanzhaien geraten, kann man derzeit mit der steirischen Feistritztalbahn erleben; nämlich hier wird gerade kaltlächelnd Volksvermögen und Kulturgut zerstört. Andererseits wollen zwei Täler weiter die dort ansässigen Bürgermeister eine Bahn zwischen Fürstenfeld und Gleisdorf komplett neu bauen. Einige Politiker in Fehring, Feldbach, Gnas und Bad Gleichenberg wollen die Bahn vernichten, obwohl es durchaus andere gibt, die das verhindern wollen! So unterschiedlich können die Wertigkeiten sein. So unterschiedlich ist auch der Wille der Bevölkerung, die Bahn erhalten zu wollen, gegenüber dem fanatischen Machtstreben ihrer gewählten Vertreter.

Villa Albrecht Bad Gleichenberg

Im sog. „Vulkanland“ gehen die Uhren offensichtlich anders und die Problematik des „Klimaschutzes“ dürfte dort unbekannt sein. So unter dem Motto „…wenn die Welt schon untergeht, findet das bei uns erst zehn Jahre später statt…“ dürfte den Bahnhassern unter den Politikern die Umweltproblematik ganz offensichtlich völlig egal sein, Hauptsache sie können ihre Macht ausleben. Der Begriff „Weitblick“ dürfte bei diesen Politikern ein Fremdwort aus einer anderen Galaxie sein.

90 Jahre der Zeit voraus, aber im „Dornröschenschlaf“, die Gleichenberger Bahn

Weitblick hatten allerdings die Politiker vor 100 Jahren, die sich für die ortsnahe Trassenführung und elektrische und damit umweltfreundliche Traktionsart der Gleichenberger Bahn entschieden haben. Die bekannte historische Entwicklung vom Zweiten Weltkrieg bis zum sog. „Wirtschaftswunder“ gab der Gleichenberger Bahn keine Chance, war doch die „allgemeine Motorisierung“ der Bevölkerung mit jeweils eigenem Auto das Ziel. Diese Entwicklung ist zwar ein weltweites Phänomen, trifft aber die Gleichenberger Bahn ganz besonders.

Sie fiel über Jahrzehnte in einen verkehrspolitischen „Dornröschen-Schlaf“, weil in der heutigen Zeit von den machthabenden Politikern noch immer nicht die umweltpolitischen Vorteile der Abgasfreiheit, der geringen Lärmbelastung und des Kapazitätspotentiales zur Verlagerung des Straßenverkehrs auf die Schiene, erkannt und daher verdrängt wird. Nun wurde von der Politik über Jahrzehnte verhindert, dass die technologischen Weiterentwicklungen im Bereich der Schienen-Fahrzeuge genützt werden. So sind die Fahrzeuge der Gleichenberger Bahn, die zwei Triebwagen und eine Lokomotive seit nunmehr 90 Jahren, trotz geringfügiger Modernisierungen, weitgehend unverändert. Auch die Haltestellen-Infrastruktur hat sich in den 90 Jahren so gut wie nicht geändert.

Am 04. August 2019 wurde das Jubiläum zum 100-jährigen Bestehen der Übelbacherbahn mit einem gelungenen Fest gefeiert. Moderne und historische Fahrzeuge der Übelbacherbahn waren im Stundentakt unterwegs.

Als 1968 der Abschnitt Bruck an der Mur–Graz der „Südbahn“ elektrifiziert wurde, hatte Dipl.-Ing. Gerhard Mayr auch die Strecke nach Übelbach auf das Wechselspannungssystem der ÖBB (15 kV 16⅔ Hz) umstellen lassen. Als 1987 die Ungarische Westbahn Györ-Sopron mit 25.000 Volt Wechselstrom elektrifiziert wurde und damals auch daran gedacht wurde, die Steirische Ostbahn von Szentgotthárd bis Graz mit dieser Fahrdraht-Spannung zu elektrifizieren, machte der damalige Maschinen-Direktor der Steiermärkischen Landesbahnen Dipl.-Ing. Gerhard Mayr auf der Gleichenberger Bahn das Gleiche, wie 20 Jahre zuvor auf der Übelbacher Bahn.

Er ertüchtigte die Oberleitung (Fahrleitung) auf die 25.000 Volt der ungarischen Westbahn. Dieser Weitblick kommt heute der Gleichenberger Bahn bei der Elektrifizierung der ÖBB-Steirischen Ostbahn zugute, weil kein weiterer Umbau (außer Reparaturarbeiten) der Fahrleitung bei der Umstellung der Gleichenberger Bahn auf Wechselstrom notwendig ist. Aus genau diesen Gründen ist der zeitliche Aufwand der Umstellung mit einer Handvoll Arbeitern innerhalb einer Woche möglich. Schon wieder ist die Gleichenberger Bahn, dank des Weitblickes von Dipl.-Ing. Gerhard Mayr, der Zeit voraus!

Dipl.-Ing. Gerhard Mayr mit der "Gelben Elektrischen", der Salzburger Stadbahn, über die er ein Buch geschrieben hat. Dir. Mayr war technischer Direktor der Steiermärkischen Landesbahnen.

ÖBB-Kursbuch 2006 KB-Nummer 532 Feldbach - Bad Gleichenberg mit Fahrzeit 35 Minuten!

Weil schon damals, als Umwelt- und Klimaschutz noch Fremdwörter waren, automobilfixierte Politiker die Gleichenberger Bahn zerstören wollten, wird die Bahn ganz gezielt polemisch auf Sparflamme gehalten und mit den Märchen „Bus billiger als Bahn“ und „Bus näher bei den Orten“ die Sinnhaftigkeit der Schienenstrecke in Frage gestellt. Die damals falschen Behauptungen sind auch bis heute noch immer nicht richtig. Aus diesem Grund ist es notwendig, dass um den Erhalt der Lokalbahn Feldbach – Bad Gleichenberg immer noch gekämpft werden muss!

Ortsnähe Haltestellen Gleichenberger Bahn & Bus 416, Haltestellen-Entfernungen

Fahrzeitvergleich Gleichenberger Bahn mit den umliegenden Buslinien 414, 415, 416, 417

Das absolute Ende oder die große Chance „Neuanfang“

Zum Jahreswechsel gibt es 22 Tage Ende oder Neuanfang. Niemand weiß wirklich wohin die Reise mit der Gleichenberger Bahn geht. Die Ideensuche zur „Tourismusbahn“ ist ziemlich undurchsichtig und deutet auf keine klare Entscheidung hin. Ein langfristiges professionelles Konzept für eine ominöse „Tourismusbahn“ dürfte in weite Ferne geschoben worden sein. Interessant wäre es zu wissen, ob bis zum März 2022 tatsächlich ein Konzept „Zukunft Gleichenberger Bahn“ zustande kommt. Faktum ist, dass die ÖBB im Rahmenplan 2021-2026 die Steirische Ostbahn elektrifizieren wird. Die große Chance für die Gleichenberger Bahn wäre, dass mit der Inbetriebnahme der elektrisch betriebenen Steirischen Ostbahn auch die Gleichenberger Bahn mit 15.000 Volt Wechselstrom betrieben würde. Nun geht es für die Gleichenberger Bahn darum, diese fünf Jahre bis zur Inbetriebnahme der Steirischen Ostbahn zu überbrücken. Um nicht jegliche Beziehung zur Bevölkerung entlang der Bahn zu verlieren und um den rechtlichen Rahmenbedingungen um die Eisenbahngesetze gerecht zu werden, sollte ein tägliches Zugpaar 12:18h Abfahrt Feldbach, 12:53h Ankunft Bad Gleichenberg und in Gegenrichtung 15:10h Abfahrt Bad Gleichenberg, 15:45h Ankunft Feldbach als „Erinnerungs-Zugpaar“ (Konzessionshalterkurs) eingerichtet werden. Von den Landeshauptstädten aus, ist dieser Zug ab Feldbach 12:18h ab Bad Gleichenberg 15:10h zu erreichen:

Landeshauptstadt Über Abfahrt Ankunft
Linz Hbf. Selzthal 07:57 23:04
Salzburg Hbf. Selzthal 06:15 21:44
Wien Hbf. Semmering/Graz 05:58 20:02
Wien Hbf. Aspang/Hartberg 07:58 19:35

Bei einer Anreise am Samstag und einer Nächtigung kann die Rückreise am nächsten Tag Sonntag stattfinden. Für Eisenbahnfreunde unter den Touristen (lt. Media-Analyse Deutschland ca. 10% der Gesamtbevölkerung) ist aus diesen Städten eine Tagesreise möglich.

Flügelkonzept Trennen/Vereinigen auf der Steirischen Ostbahn

Mit diesem täglichen Kurspaar kann die Zeit bis zur Gesamtelektrifizierung der S3 Korridor Steirische Ostbahn im Jahr 2026 mit den Abzweig-Strecken Weizer Bahn und Gleichenberger Bahn überbrückt werden. Dieser S3-Korridor der Steirischen Ostbahn bietet sich für das Flügel-Konzept „Trennen & Vereinigen“. Drei gekuppelte Triebwagen fahren von Graz Hbf. ab bis Richtung Gleisdorf. Dort wird der erste Triebwagen abgekuppelt, also „getrennt“ und fährt alleine bis Weiz als S31 weiter.

Flügel-Konzept S3 Steirische Ostbahn Trennen & Vereinigen, Weizer Bahn, Gleichenbrger Bahn, S31, S32

Die verbliebenen beiden Triebwagen fahren weiter bis Feldbach. Dort trennen sich die beiden Fahrzeuge, wobei der erste nach Fehring und Szentgotthárd weiterfährt. Der andere Triebwagen fährt als S32 auf der mittlerweile auf Wechselstrom umgestellten Lokalbahn von Feldbach bis Bad Gleichenberg. In der Gegenrichtung fahren die drei Triebwagen, zeitlich abgestimmt, wieder von Szentgotthárd, Feldbach und Weiz zurück und vereinigen sich wieder zum Dreiwagen-Zug an den Bahnhöfen Feldbach und Gleisdorf, um dann wieder gemeinsam zum Grazer Hauptbahnhof zu fahren.

Dazu müssen natürlich alle drei Strecken mit 15 kV Wechselstrom elektrifiziert sein. Umsteigefrei von allen Strecken direkt bis Graz durchfahren zu können, macht den Nahverkehrs-S-Bahn-Korridor höchst attraktiv, wobei elektrisch betriebene Züge wesentlich schneller beschleunigen und fahren können, als dieselbetriebene Züge. Mit der Elektrifizierung der Thermenlinie und ggf. beim Neubau einer Bahnlinie Fürstenfeld – Gleisdorf, kann das Flügel-Konzept selbstverständlich erweitert werden.

Fahrzeugfamilien und Beschaffungs-Zyklen für die Steiermark

Weizer Bahn Steiermärkische Landesbahn dieselelektrischer Triebwagen Stadler GTW 2/6 in "Weiz Nord"

In der Steiermark ist derzeit eine der erfolgreichsten Fahrzeugfamilien im Einsatz, die sich in vielfältigster Designform europaweit darstellt, der Stadler GTW (Gelenk-Triebwagen). Das charakteristische Merkmal des Gelenk-Triebwagens ist das zweiachsige Antriebsmodul in der Fahrzeugmitte, auf das die Wagenkästen beidseitig aufgesattelt sitzen. Diese Antriebsmodule beinhalten jeweils die vollständige „elektrische“ oder „dieselelektrische“ Motorisierung. Dieselelektrischer Antrieb bedeutet, dass Dieselaggregate einen elektrischen Fahrmotor antreiben, die lastabhängig die Geschwindigkeit bestimmen und vom Triebfahrzeugführer gesteuert werden. Diese in der Schweiz weit verbreitete Fahrzeugfamilie ist, aus der ersten Generation, auch von der Linzer Lokalbahn (LILO) oder den Bahnen in der Hohen Tatra bekannt.

Links: GKB Stadler-GTW 2/8 Dieselelektrisch, Graz-Köflacher-Eisenbahn im Bahnhof Köflach Mitte: LILO Linzer Lokalbahn Bahnhofshalle Peuerbach Rechts: Tatrabahn Slowakei Strbske Pleso Hohe Tatra

Der riesige Vorteil dieser Fahrzeug-Familie ist, dass relativ einfach die Mittelteile mit den Antriebsaggregaten getauscht werden können. Das wird derzeit bei der Elektrifizierung der Graz-Köflacher-Eisenbahn (GKB) von der Type GTW 2/8 (8 Achsen) in einer Stückzahl von 13 Einheiten gemacht. Bei den Steiermärkischen Landesbahnen wurden zeitgleich 6 Fahrzeuge der Type Stadler GTW 2/6 (6 Achsen) beschafft, wobei je drei als elektrische und dieselelektrische Variante gebaut wurden. Bei der Elektrifizierung der Weizer Bahn müssen dann die derzeit dort eingesetzten dieselelektrischen Mittelteile gegen elektrische Wechselstrom-Aggregate getauscht werden. Für die Gleichenberger Bahn werden, aufgrund des Fahrplan-Umlaufes bis Graz, mindestens fünf Fahrzeuge benötigt, entweder aus der Schweiz gebraucht, oder neu beschafft.

Fazit: Die Zukunft der Bahn ist greifbar und zum 100-Jahrjubiläum 2031 möglich

Links: Hexenturm Maßstab 1:5 und die Offiziersbaracke des Kriegsgefangenenlagers Feldbach-Mühldorf Mitte: Straden Silhouette Rechts: Bulldog-Museum

Der Korridor der Steirischen Ostbahn S3/S31/S32 wird, schon allein um der abnehmenden Bevölkerungsentwicklung im Bezirk Südoststeiermark entgegen zu wirken, den derzeit fehlenden Mobilitätsschub bringen, da der Öffentliche Verkehr derzeit ein Schattendasein erlebt. In dieser Region fehlt derzeit ein funktionierendes Regionalbusnetz und auf der Schiene die durchgehende Achse Feldbach – Bad Radkersburg. Völlig unbegreiflich ist in Zeiten des Klimaschutzes, dass eine Straße, sozusagen als billige Kopie eines nordamerikanischen Marketinggags „Route 66“, eine Straße bewirbt, was der Region zu Zeiten der Dekarbonisierung überraschungsfrei auf den Kopf fallen wird. Dem Ausbau der Gleichenberger Bahn, wie auch der Radkersburger Bahn, kommt schon aus raum- und verkehrsplanerischer Sicht, höchste Bedeutung zu, weil die derzeitige Entwicklung langfristig zum demografischen Ausbluten der Region führen muss, weil verkehrsmäßig, in den letzten Jahrzehnten, die völlig falschen Prioritäten gesetzt wurden!

Foto: Wikipedia | Fahrzeugfamilie Stadler GTW auf verschiedenen Bahnverwaltungen StLB Übelbacher Bahn

Die Gleichenberger Bahn erwacht aus dem Dornröschenschlaf und stellt die Weichen Richtung Zukunft!