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Region
AT224 Oststeiermark
Branche
Steiermark Bahn (StB)
|
Neue Gleichenberger Bahn
Sonderfahrt Gleichenberger Bahn

Ein „Totes Pferd reiten wollen“

[Reportage, Reisebericht]
von Richard Fuchs

Der Kampf gegen die Gleichenberger Bahn nimmt sehr groteske Züge an. Eine Bürgermeisterin fragte einen Politikerkollegen allen Ernstes „… warum willst Du dieses tote Pferd reiten…?“ Mit dem „toten Pferd“ ist die Gleichenberger Bahn gemeint.

Ein Reisebericht der besonderen Art über die Gleichenberger Bahn!

Der verbissene Kampf von Politikern in der Südoststeiermark gegen die Lokalbahn Feldbach – Bad Gleichenberg nimmt immer groteskere und bösartigere Züge an. Unter Politikern wird gerne auch noch das eine oder andere deftigere Wort gebraucht. So fragte eine Bürgermeisterin einen Politikerkollegen, der sich für den Erhalt und die Modernisierung der Gleichenberger Bahn einsetzt, allen Ernstes,

„… warum willst Du dieses tote Pferd reiten…?“

Mit dem „toten Pferd“ ist die Gleichenberger Bahn gemeint. Diese Dame hat geflissentlich vergessen, dass die Bahn noch immer fährt, also bei Weitem nicht „tot“ ist, was sie allerdings vermutlich gerne hätte. Vermutlich war sie schon lange nicht mehr am Wochenende am Bahnhof. Im Gegenzug könnte man behaupten, ohne die Bahn ist die Region, die sich gerne „Dschungel“ oder „Vulkanland“ nennt, eine „tote Kuh, die keine Milch mehr gibt!“ Ein Kurort ohne Bahnanschluss hat vermutlich weltweit ein trauriges Alleinstellungs-Merkmal!

Diese Katze ist kein "Streckengeher", der die Bahntrasse im Raum Oedt inspiziert. Sonst müsste dieser "Streckengeher" den fehlenden Hochwasserschutz neben der Bahn, der seitens der Gemeinde Feldbach nicht gemacht wurde, reklamieren!

„Dschungel-Express“, Cowboy-Trail „Route 66“ als Highway-Plagiat und „Vulkanwüste“

Eine Region, die sich selbst und seine Bahn derart schlechtredet, mit einer Vielzahl von Begriffen, die ein Außenstehender als negativ empfindet, darf sich nicht wundern, wenn sie auf Dauer potentielle Touristen verschreckt! Ohne Bahn kommen diese potentiellen Touristen gleich gar nicht mehr hin, weil die Region aus den internationalen Kursbüchern und Fahrplan-Abfragen verschwunden ist. In Zeiten der Dekarbonisierung wird das der Region Südoststeiermark irgendwann mit voller Wucht auf den Kopf fallen!

Fotomotive gibt es entlang der Gleichenberger Bahn jede Menge in dieser außergewöhnlich reizvollen Landschaft. Da braucht es keine Pseudo-Ortstafeln mit Kindergekritzel!

Das böse Erwachen ist vorprogrammiert!

Man kommt oftmals erst dann darauf, was man an einer Sache hatte, wenn man sie nicht mehr hat. Was bei Menschen „Wertschätzung“ heißt, ist bei Sachen bzw. Mobilitäts-Einrichtungen die Sorgfalt oder Behutsamkeit. Bei der Gleichenberger Bahn hat man den Eindruck, dieser ungeschliffene Rohdiamant wurde achtlos, wie ein Stück Kohle in den Straßengraben, weggeworfen. So konnte dieser „Diamant Gleichenberger Bahn“ noch nie das Funkeln und Leuchten für sich und die gesamte Region zum Strahlen bringen. Das abwertende despektierliche Behandeln durch die Politik hat der Bahn noch nie wirklich eine Chance gelassen.

Das Vorspiegeln von Gerüchten und Vorurteilen hat viele potentielle Fahrgäste für die Bahn, Kunden, Kurgäste und Touristen verschreckt. Es hat den Anschein, dass die Gästezahlen zu einer Art Übersättigung der Tourismusbetriebe in Bad Gleichenberg geführt haben, dass sie gar kein Interesse mehr an der Personengruppe haben, die mit der Bahn anreist. Wenn man weiß, dass über die Hälfte der Bevölkerung der Bundeshauptstadt Wien bewusst kein eigenes Auto mehr haben will, dann ist in dieser Kundenvertreibungsaktion das böse Erwachen im Kurort Bad Gleichenberg bereits vorprogrammiert!

Eine völlig entgleiste Tourismuswerbung

Befeuert wird diese Kunden- und Fahrgastvertreibung durch das Darstellen der Region, als ob sie weit weg von jeglicher Zivilisation wäre. Da ist die Rede vom „Dschungel-Express“, als würden die „Eingeborenen“ noch immer auf den Bäumen hausen und hunderte Kilometer durch die Vulkanwüste über einen imaginären Cowboy-Trail namens „Route 66“ mit Kinder-Gekritzel als Ortstafeln zur aufgelassenen Bahnstation mit Wasserrad und hungrig sabbernden Geiern reiten, die ihrerseits auf verdurstende Fremde warten. Hand aufs Herz, wer will schon in so einer unwirtlichen Einöde Urlaub machen?

Welche vermaledeite Werbeagentur hat der Politik eine derart negative und abstoßende Werbeschiene eingeredet? Man könnte fast annehmen, die wurde von den Konkurrenten der weltberühmten Kurorte Arosa und Davos in der Schweiz geschickt, um den Mitbewerber Bad Gleichenberg auszuschalten? Die beiden Luftkurorte werden von der Rhätischen Bahn in der Schweiz jede halbe Stunde mit einem Zug angefahren.

Oberhalb der Bahnstrecke der Gleichenberger Bahn im Raum Oedt ist ein wasserdurchsättigter Hang, der bei Hochwasser den Bahndamm und die umliegenden Häuser regelmäßig umspült. Das Wegener-Net Graz hat hier Klima-Mess-Stationen eingerichtet, die Wetterdaten alle paar Minuten aufzeichnen. Man weiß von dem Problem der Hangrutschungen und trotzdem gibt es kaum eine Verbindung zwischen den Drainagerohren im Hang mit den Bachdurchlässen am Bahndamm. Hochwässer sind regelmäßig vorprogrammiert. Man beachte die Beschriftungen, wie "Achtung Deckel bricht ein!" Wer bitte macht hier etwas?

Im Gegensatz zum durchgängigen Schweizer Taktfahrplan „Swiss-Takt“, ist außer mit ein paar Konzessionshalterkursen am Wochenende Bad Gleichenberg mit der Bahn mittlerweile überhaupt nicht mehr erreichbar! Wenn man bedenkt, dass über 50% der Haushalte in der Bundeshauptstadt Wien überhaupt kein eigenes Auto mehr haben, sollte man sich über die Erreichbarkeit von Bad Gleichenberg schleunigst Gedanken über die Zeit nach der Dekarbonisierung machen!

Fahrgast-Andrang in Gnas, trotz "Österreicher-Sonderfahrt" (Organisator Franz Österreicher ÖBB) Bilder eingefangen von Ernst Lung, vorm. Verkehrsministerium. Ein Basalt-Gleisschotterzug der Steirischen Basaltwerke Appel in der Abendsonne. Gedränge beim Fotostandpunkt um die 90-jährigen-Triebwagen ist rechte Bild zu rücken!

Niemand amputiert freiwillig eines seiner gesunden Beine

Besonders abwegig und wirklich verwerflich ist die Tatsache, dass eine Bahn, die seit 90 Jahren ihrer Zeit voraus ist, weil sie umwelt- und damit klimafreundlich und vollkommen abgasfrei mit elektrischer Traktionsenergie betrieben wird, aus purer Machtdemonstration und sonstigen sehr bedenklichen „Gründen“ zerstört werden soll. Mit dem Örtlichen Entwicklungskonzept 1.04 der Stadt Feldbach kam auch der Verdacht der Immobilien-Spekulation dazu. Falls das tatsächlich der Fall sein sollte, hat sich damit ohnehin die Staatsanwaltschaft zu beschäftigen!

Eine "echte" Tourismusbahn ist die Liliputbahn im Wiener Prater. Sie hat eine Spurweite von 600mm und fährt auf einem großen Rundkurs durch die Praterauen.

Einige wenige mächtige Politiker wollen, gegen den Willen in der Bevölkerung die klimafreundliche elektrisch betriebene Gleichenberger Bahn vernichten, trauen sich das aber nicht offen sagen. So wird die argumentative „Blendgranate Tourismusbahn“ dazwischen geschossen, um fälschlich zu argumentieren „… die Bahn wird eh nicht eingestellt …“! In Berlin hat einmal, nach demselben Strickmuster ein Politiker „… niemand will eine Mauer bauen …“ behauptet. Die Realität ist bekannt! Die Zerstörung der Gleichenberger Bahn, die kommen muss, wenn dieser Betrieb zu einem „Ringelspiel nach Veranstaltungs-Gesetz“ degradiert werden soll, wäre unausweichlich.

Kein Mensch wird sich freiwillig ein gesundes Bein, aus Jux und Tollerei, abhacken! Eine Region will so etwas, ohne mit der Wimper zu zucken, mit der Zerstörung der klimafreundlichen, weil abgasfreien, Gleichenberger Bahn tatsächlich tun. Da kann man sich nur auf den Kopf greifen! Kein einigermaßen vernunftbegabter Mensch wird das verstehen!

Vulkan-Cowboy-Trail-Gesellschaft und die Meinung mancher Mitglieder

Im Wikipedia ist über das politische System in Österreich folgendes zu lesen:

„Das politische System der Republik Österreich beruht auf den Grundsätzen der Demokratie, der republikanischen Staatsform, des Bundesstaates, des Rechtsstaates, der Gewaltenteilung, des liberalen Prinzips und der Zugehörigkeit zur Europäischen Union. Wichtigste Rechtsgrundlagen des politischen Systems sind der Vertrag von Lissabon über die Struktur der EU und die Bundesverfassung. Das EU-Mitglied Republik Österreich ist eine semipräsidiale parlamentarische Demokratie.“

Wer sich der Region um den „offensichtlich bald ausbrechenden Vulkan“ nähert, hat den Eindruck, dass die Ideen von Kelsen und der „Demokratie“ sich dort noch nicht wirklich herumgesprochen haben. Besonders erschreckend ist die Tatsache, dass die Menschen dort, vermutlich eingeschüchtert, sich nicht trauen, offen ihre Meinung zu sagen, was sich bis zur geplanten Zerstörung der Gleichenberger Bahn durchschlägt. Der Protest-Sonderzug am 29.August 2021, organisiert von FPÖ, SPÖ und die Grünen, war hier wohl eine rühmliche Ausnahme!

Protest-Sonderfahrt 29.August 2021 zur Erhaltung der Lokalbahn Feldbach - Bad Gleichenberg war eine Art Volksfest, bei dem sich alle völlig einig waren: "Die Bahn muss erhalten bzw. erneuert werden!"

Versucht man die Bürger in der Region entlang der Gleichenberger Bahn über ihre Meinung zu befragen, wird erst vorsichtig herumgeschaut, ob jemand zuhört, dann kommt der Satz „…von mir hast Du das nicht gehört…“ oder „…sag‘ nichts dem Bürgermeister…“! Dann bricht es aber, von nahezu allen heraus. Die Gleichenberger Bahn wird gebraucht und muss nur modernisiert werden. Kein einziger Nichtpolitiker spricht sich gegen die Bahn aus. Im Gegenteil weiß man genau, dass der Bus keine Alternative ist und die Orte sehr wohl an der Bahn liegen. Das „Ja aber“ betrifft die Fahrzeit und die alten Fahrzeuge. Das sind Zustände, die man allerdings leicht und kostengünstig ändern kann. Die Zukunft der Mobilität liegt beim Schienenverkehr!

Protest-Sonderfahrt 29.August 2021 zur Erhaltung der Lokalbahn Feldbach - Bad Gleichenberg war eine Art Volksfest, bei dem sich alle völlig einig waren: "Die Bahn muss erhalten bzw. erneuert werden!"

Eine Kaffeehaus-Besitzerin, ein Heurigenwirt, ein Ölmüller und ein Gourmetwirt beklagen eine gewisse „Zwangsmitgliedschaft“ in die sie einzahlen müssen, selbst daraus aber so gut wie keinen Nutzen ziehen. Selbst das Auflegen von Prospekten in den Tourismusbüros ist an den „Good Will“ der jeweiligen Bürgermeister gebunden. Im Wissen, dass es Prospekte über die Gleichenberger Bahn gibt, konnten, auf Anfrage im Tourismusbüro in Feldbach diese in einem alten Schuhkasten gefunden werden und nicht im Prospekt-Regal. Im Schuhkasten lagen auch die vermissten Prospekte des Freilichtmuseums Trautmannsdorf. Es hat den Anschein, dass sich die Vulkanland-Cowboy-Trail Werbegemeinschaften untereinander in einer Art „Futterneid“ begegnen und sich selbst das Leben schwer machen!

Protest-Sonderfahrt 29.August 2021 zur Erhaltung der Lokalbahn Feldbach - Bad Gleichenberg war eine Art Volksfest, bei dem sich alle völlig einig waren: "Die Bahn muss erhalten bzw. erneuert werden!" Angeregte Diskussionen mit Politikern eröffnete gute Kontakte!

So mag es auch nicht verwunderlich erscheinen, dass nicht nur die ausgehungerte Gleichenberger Bahn verbal zum „toten Pferd“ degradiert wurde. Eine Weisheit der Dakota-Indianer besagt: „Wenn Du entdeckst, dass Du ein totes Pferd reitest, steig ab!” Nur wenn man bemerkt, dass man auf einem „toten Pferd“ sitzt, hat man schon alles falsch gemacht und ist nicht gerade mit Intelligenz „belastet“. Dann hat man irgendwie vergessen dem „Pferd“ Futter und Trank zu geben. Genau das entspricht seit Jahrzehnten der Strategie der Politik die Gleichenberger Bahn auszuhungern. Eine artverwandte Strategie ist die sog. „Melkkuh“, die solange gemolken wird, bis sie keine Milch mehr gibt. Wenn die High-Noon-Highway-Plagiat-Werbegemeinschaft mit den Kindergekritzel-Ortstaferln auch so mit ihren unzufriedenen Mitgliedern umgeht, wird man irgendwann „entdecken“ müssen, dass neben dem „toten Pferd“ auch die „tote Melkkuh“ keine Milch mehr gibt!

Bestandsertüchtigung und Elektrifizierung auf 15kV Wechselstrom für die Gleichenberger Bahn

Spätestens jetzt sollte man die Gleichenberger Bahn bestandsertüchtigen und daraus eine moderne Nahverkehrsbahn machen, mit der man in die „weite Welt“ gelangt, um wieder etwas Weitblick zu erhaschen! Dazu muss man nicht einmal zehn Millionen Euro in die erste Ausbauphase stecken, von der man die Hälfte, nach dem Privatbahn-Gesetz aus dem „Mittelfristigen Investitionsprogramm des Bundes“ erhält. Vorrangiges Ziel muss es sein, die Gleichenberger Bahn auf 15.00 Volt 16,75 Hertz Wechselstrom umzustellen, um dann in das Netz der Steirischen Ostbahn eingebunden zu werden, was im Zeitraum 2023 bis 2027 stattfinden wird. Für 8,8 Mio Euro ist das realisierbar (4,4 Mio. Bund, je 1,1 Mio Land Steiermark und Gemeinden Bad Gleichenberg, Feldbach und Gnas). Wenn dann noch jemand sagt "... das können wir uns nicht leisten ...", der soll sich aber auslachen lassen!

Zweisystem-Triebwagen für Wechselstrom- und Gleichstrom-Strecken auf der Montafonerbahn und auf der ehem. Lokalbahn Lambach - Haag im Hausruck. Solche Fahrzeuge können interimistisch auf der Gleichenberger Bahn fahren!

Man kann derzeit nur hoffen, dass eine neue junge vernunftbegabte Politiker-Generation kommt, die mit den infantilen Taferl-Behübschungs-Spielen entlang der Bundesstraße 66 aufhört und endlich ein professionelles Tourismus-Marketing-Konzept mit Bahnzubringer mit der Gleichenberger Bahn erstellt. Sonst stellt sich sehr bald die Frage wer letztendlich

„… das tote Pferd reitet…“.

Viel besser ist es aus der Lokalbahn Feldbach – Bad Gleichenberg ein elegantes Rennpferd zu machen!