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Bahnhof Bayerisch Gmain – Visualisierung

„Wia woin jo ka Tramway wern!“ ein Glaubenskrieg, der nichts bringt

[Reportage, Presseaussendung]
von Richard Fuchs

Vor etlichen Jahren führte eine Diskussion über das Karlsruher Modell bei Eisenbahnern zur Ablehnung mit der Begründung „wia woin jo ka Tramway wern“. Damals konnte oder wollte man diesem System keine Zukunftschancen einräumen.

Light Rail Transit Systems, TramTrain oder Regionalstadtbahn ermöglichen umsteigefreies Fahren aus der Region mitten in die Innenstadt

Vor etlichen Jahren führte eine Diskussion über das Karlsruher Modell bei alteingesessenen Eisenbahnern zur Ablehnung mit der Begründung „wia woin jo ka Tramway wern“ (wir wollen ja keine Straßenbahn werden). Damals konnte oder wollte man diesem System keine Zukunftschancen einräumen. Mittlerweile ist seit 40 Jahren Alltagstauglichkeit in Karlsruhe, Kassel und Saarbrücken der laufende Betrieb, ohne nennenswerte Unfälle, erfolgreich ins Land gezogen. Systembedingte Probleme, v.a. Frontalkollisionen sind bisher nicht bekannt geworden. Die Alltagstauglichkeit über Millionen von gefahrenen Kilometern ist somit nachgewiesen.

Umsteigefrei aus der Region in die Innenstadt

Leistungsfähiger Schienenverkehr verlangt naturgemäß aufwändige Infrastruktur, die der Sicherheit geschuldet ist. Nicht umsonst sind die Systeme des Schienen-Nahverkehrs, mit der Menge der beförderten Personen, die mit Abstand sichersten Verkehrsmittel der Welt. Dabei gibt es in der Familie der Schienenbahnen (Grafik) „Tramway-Systeme“ und „Eisenbahn-Systeme“. Dabei wird auch noch in diesen beiden Systemfamilien zwischen LRT „Light Rail Transit Systems“ (Leichttriebwagen LRV = Light Rail Vehicles) und schweren Schienenfahrzeugen auf völlig isolierten Strecken „Heavy Rail Transit Systems“ HRT unterschieden.

Bezogen für Fahrten aus der Region in und durch die Städte werden im Wesentlichen Straßenbahnen, Stadtbahnen und Volleisenbahnen unterschieden. Diese unterscheiden sich im Einsatzbereich wie folgt:

• Straßenbahnen LRT verkehren auf der Straße bzw. auf eigenem Gleiskörper im Straßenbereich und können nicht auf Eisenbahnen fahren. • Eisenbahnen HRT verkehren ausschließlich auf eigenem Gleiskörper und können niemals auf Straßen fahren. • Stadtbahnen LRT, Regionalstadtbahnen oder TramTrains können beides! Diese Züge können sowohl im Straßenbereich, als auch auf reinen Eisenbahnstrecken, sogar im Mischbetrieb mit Fernverkehrs- und Güterzügen, also mit Volleisenbahn-Zügen, mitfahren. Für den Straßenbereich wird eine maximale Wagenbreite von 2,65m verlangt, was, zusammen mit den Rückspiegeln, die Fahrbahnbreite von 2,80m ergibt.

Sollen Nahverkehrszüge aus der Region umsteigefrei aus der Region mitten in die Städte fahren können, wird das System Regionalstadtbahn, bzw. TramTrain, benötigt. Es ist also kein „Glaubenskrieg der Verkehrssysteme“, sondern eine rein logische und nüchterne Situations-Analyse, die den Einsatz des Verkehrssystems „Regionalstadtbahn“ im Mischbetrieb Region und Stadt verlangt!

Subjektives Fahrgastverhalten verlangt möglichst wenig Umsteigsituationen

Wie jeder Mensch es gerne gemütlich hat, ist es natürlich klar, dass das Umsteigen von einem öffentlichen Verkehrsmittel auf ein anderes nur akzeptiert wird, wenn die Wegekette möglichst durchgängig ist. Man versteht es, wenn in der ländlichen Region die Fahrt zum Park- & Ride-Parkplatz am Bahnhof mit Fahrrädern, Mopeds, eScootern, ggf. zu Fuß-Gehen und Autos notwendig ist.

Da der Nahverkehrszug seine Fahrtgeschwindigkeit erhöht, wird die Reisegeschwindigkeit subjektiv als Beschleunigung empfunden. Auch innerstädtisch wird das Umsteigen zur flächenhaften Erreichbarkeit der Ziele akzeptiert. Nur weil die regionalen Linien am Bahnhof enden und dort die Wegekette aus technisch unterschiedlichen Gründen gebrochen wird, verstehen viele Menschen diesen Umstand nicht und greifen lieber zum eigenen Auto. Die Umsteigenotwendigkeit und zusätzlich die Anschluss-Wartezeit am Bahnhof ist eines der meisten Hinderungsgründe, den öffentlichen Verkehr zu benützen. Aus diesem Umstand wird dann die Behauptung abgeleitet, man sei „auf das Auto angewiesen“, auch wenn parallel zum Fahrweg ÖPNV existiert! In Wirklichkeit ist diese subjektive Reisezeit, meist in Unkenntnis der Fahrpläne, der Grund für den Griff zum Auto-Zündschlüssel, für Menschen, die einen eigenen Pkw besitzen.

Park & Ride Oberndorf bei Salzburg

Ein Wirtshausgespräch Anfang der 1980er-Jahre verlief wie folgt. Ein schon etwas illuminierter Wirtshausgast erklärte: „Der Bau des U-Bahn-Tunnels is a fester Bledsinn. I hob an BMW und foahr immer mit dem Auto.“ Auf die Gegenfrage, ob er auf die Bahn umsteigen würde, wenn er in der Frühe 15-20 Minuten länger schlafen könnte weil er umsteigefrei mit dem Zug fahren könnte und er in Eugendorf nicht im Stau stehen und in der Stadt keinen Parkplatz suchen müßte, antwortete er unvermutet: „Eh kloa, dann foahr ih mim Zug!“ Dann wurde ihm erklärt, dass genau das das Konzept sei. Seine nächste Frage war: „… und wann kummt der Zug?“ Da blieb die Antwort aus.

Dieses kleine Wirtshaus-Gespräch zeigt ganz klar die Beweggründe öffentlichen Verkehr zu benützen: • Bequemlichkeit nicht zu früh aufstehen zu müssen. • Kurze Intervalle, Halbstunden-Takt • schnelle Fahrt am Stau vorbei • keine Parkplatzsuche • pünktlich am Ziel sein

Wenn der Zug diese Vorteile bietet, hat das Auto auf längere Sicht das Nachsehen. Das Problem dabei ist nur, dass das S-Bahn-System mit einem attraktiven Netz im Halbstunden-Takt, Stunden-Takt geht auch noch, relativ aufwendige Infrastruktur benötigt. Dann ist das System fast unschlagbar. Die Idee ist, dass nicht der Fahrgast das System wechselt, sprich “umsteigt“, sondern die Bahn einfach das System wechselt, ohne dass der Fahrgast das bemerkt. Die Regionalstadtbahn, auch TramTrain genannt, kann die Region mit der Stadt umsteigefrei verbinden. Lediglich das Stromsystem in der Oberleitung wechselt die Spannung.

TramTrain, Regionalstadtbahn, Light Rail Transit Systems; v.l.: Karlsruhe Deutschland, Mulhouse Frankreich, Kassel Deutschland

Das „Karlsruher Modell“ und die Referenz-Systeme Kassel und Saarbrücken

Bis 1979 gab es in Karlsruhe ein Straßenbahn-Netz, eine Überlandstraßenbahn, die Albtalbahn und eine Reihe von Strecken der Deutschen Bundesbahn. Der Direktor der Verkehrsbetriebe Karlsruhe VBK und Albtal-Verkehrs-Gesellschaft AVG Dipl.-Ing. Dieter Ludwig erklärte Horst Emmerich von der DB, er möchte die Dieselstrecke nach Hochreut von der DB pachten. Emmerich gab zu bedenken, dass dort täglich nur eine Hand voll Fahrgäste pro Tag fahren. Ludwig erklärte, alle 20 Minuten fahren zu wollen und die Züge wären voll. So kam das dann auch.

Dann wurde das Stadtbahn-Netz der AVG-VBK konsequent ausgebaut und der Erfolg des „Karlsruher Modelles“ jagte die Fahrgastzahlen durch die Decke! Mittlerweile hat sich die Fahrgast-Jahresfrequenz auf rund 110 Millionen gesteigert, die sich auf 411 Kilometern Stadtbahnlinien im Karlsruher Netz zum größten Stadtbahn-Netz Europas gesteigert hat und das „Karlsruher Modell“ zum Vorbild weltweit gemacht hat. Kassel und Saarbrücken entwickelten ihre Netze ebenfalls erfolgreich zu Regionalstadtbahnen oder TramTrain.

„Wia woin jo ka Tramway wern!“ - oder die Querschüsse der Staatsbahnen

Legionen von Verkehrsplanern, Politikern und Verkehrsbetreibern pilgerten nach Karlsruhe, um sich dieses fast unwirklich erfolgreiche Verkehrssystem anzuschauen und nachzuahmen. Ebenfalls Legionen von Gegnern des „Karlsruher Modelles“, aus den Reihen der Staats-Eisenbahnen, die immer schon gewußt haben wollen, dass das außerhalb von Karlsruhe, am besten Willen, „nicht funktionieren kann“, haben Projekte nach dem Karlsruher Modell blockiert, boykottiert und auch bei der Schienen-Fahrzeugindustrie derart schlechtgeredet, dass diese, als Konsequenz, keine LRV Light-Rail-Transit-Vehicle (Stadtbahnen, Regionalstadtbahnen, TramTrains) auch gar nicht mehr angeboten haben.

1996 fahren zwei AVG-Zweisystem-Triebwagen aus Karlsruhe nach ihrem Besuch bei der Salzburger Lokalbahn über die noch alte Müllner Eisenbahnbrücke in Salzburg.

Wenn man weis, dass in Deutschland unter dem Druck der Automobil-Industrie die Politik bis heute Bahnen eher zerstört, als ausgebaut werden, kann man verstehen, dass es für LRVs oder TramTrains die Zeit noch nicht reif war. Eisenbahner-Gewerkschafter der ÖBB erklärten in Salzburg „wia woin jo ka Tramway werden“, als es darum ging, die Salzburger Lokalbahn mit gleichartigen Zügen auf ÖBB-Strecken im Innenstadt-Tunnel zu verbinden. Man hat damals noch nicht verstanden, dass ÖBB und Salzburger Lokalbahnen nicht im Geringsten Konkurrenten sind und ein einheitliches Konzept beiden Eisenbahn-Verkehrs-Unternehmen EVU nützt!

Probefahrten von Zweisystem-Stadtbahn-Triebwagen im Zentralraum Salzburg auf den ÖBB- und DB-Strecken. v.l.: Saarbahn 1004 in Straßwalchen, AVG-Triebwagen aus Karlsruhe in Freilassing-Hofham, Saarbahn in Berchtesgaden

Vor wenigen Wochen hat der Verein „Die Rote Elektrische“ das Regionalmanagement der ÖBB darauf angesprochen. Dabei kam fast Empörung auf, weil gesagt wurde, dass man sich natürlich TramTrain-Fahrzeuge auf ÖBB-Strecken vorstellen könne, wenn die Fahrzeugbeschaffung von den Ländern Salzburg und Oberösterreich durchgeführt wird. Innerhalb der ÖBB-Fahrzeugbeschaffung sind zwar solche Fahrzeuge nicht vorgesehen. Wenn aber die beiden Länder VDV-TramTrain-Triebwagen beschaffen, den Fahrplan in einer Bestellung mit Verkehrsdienste-Vertrag vorgeben, wird die ÖBB selbstverständlich mit diesen Fahrzeugen den Nahverkehr betreiben. Offensichtlich öffnet sich die ÖBB für neue Ideen, abseits der bisherigen alteingeführten Denkweisen.

Das "Karlsruher Modell": v.l.: Zu Besuch bei der Salzburger Lokalbahn Salzburg-Itzling, der Vater des Karlsruher Modelles Dir.Dr.techn.Dipl.-Ing. Dieter Ludwig in Karlsruhe-Albtalbahnhof, ein Karlsruher Triebwagen im Schwarzwald mitten im Kurort Bad Wildbad.

40 Jahre TramTrain-Erfolgsmodell benötigt neue Fahrzeuge, VDV-TramTrain-Triebwagen

Im Karlsruher Modell und in der Folge auch bei der Saarbahn in Saarbrücken sind mittlerweile erfolgreich 40 Jahre TramTrain- bzw. Stadtbahnbetrieb, mit intensiven Fahrplänen, durchs Land gezogen. 1981 wurden bei der Salzburger Lokalbahn die ersten 5 Stadtbahn-Triebwagen und 1989 in Karlsruhe die ersten 4 Triebwagen angeschafft. Bis heute wurden für die Salzburger Lokalbahn insgesamt lediglich 18 Triebwagen beschafft, in Karlsruhe wuchs die Fahrzeug-Flotte auf mittlerweile beachtliche 230 Triebwagen an.

Schienen-Fahrzeuge die intensiv genutzt wurden, gehen nach 40 Jahren schön langsam ihrem technischen Ende entgegen. So hat, auf Betreiben der AVG-VKB und der Saarbahn, der VDV Verband Deutscher Verkehrsunternehmen der Branchenverband für den öffentlichen Verkehr, ein sehr intelligentes Fahrzeug-Beschaffungsprogramm für Regionalstadtbahn-Triebwagen „VDV-TramTrain“ ins Leben gerufen, in dem eine europaweite Sammelbestellung angestrebt wird.

Mittlerweile haben sich sechs Verkehrsunternehmen in Deutschland und Österreich zusammengeschlossen und gemeinsam 504 Regionalstadtbahnen ausgeschrieben. Den Löwenanteil an diesem riesigen Fahrzeugbeschaffungsprogramm haben die Verkehrsbetriebe Karlsruhe und Albtal-Verkehrs-Gesellschaft. Saarbahn Netz, Zweckverband Stadtbahn Neckar-Alb, Schiene Oberösterreich und das Land Salzburg für die Salzburger Lokalbahn ergänzen die Bestellung.

Auf Vorschlag des Vereines „Die Rote Elektrische“ hat sich das Land Salzburg an dieses VDV-Fahrzeug-Beschaffungsprogramm mit 20+5 Triebwagen (leider keine Zweisystem-Triebwagen) als Ersatzbeschaffung für die 18 Stadtbahn-Triebwagen der Salzburger Lokalbahn angeschlossen. Für die S-Link-Strecke bis Hallein werden allerdings weitere 20 VDV-Zweisystem-Triebwagen benötigt. So werden die bestehenden Fahrzeuge mit Sicherheit noch mindestens 20 Jahre in Betrieb bleiben müssen, wozu seitens des Vereines „Die Rote Elektrische“ der Vorschlag kam, als Überbrückung, die fünf Uetliberg-Triebwagen aus Zürich gebraucht anzukaufen!

Sihltal-Zürich-Uetliberg-Bahn: Triebwagen werden abgestellt und wären für die Salzburger Lokalbahn eine gute Übergangslösung, bis ausreichend viele VDV-TramTrain-Triebwagen angeliefert werden. Da ist von rund 15-20 Jahren auszugehen.

Diese erste Sammelbestellung der 504 VDV-TramTrain-Triebwagen für die 6 Verkehrsunternehmen ist im Prozedere bereits abgeschlossen. Da es bereits Interesse an weiteren Fahrzeugen gibt, wird bereits seitens des VDV nachgedacht, eine zweite Bestell-Tranche durchzuführen. Für diese zweite Tranche werden seitens des Landes Salzburg, des Landes Oberösterreich, des Landes Steiermark und dem Freistaat Bayern eine ganze Menge weiterer VDV-TramTrain-Triebwagen benötigt.

Visualisierung des VDV-TramTrain-Triebwagens für die Salzburger Lokalbahn

Das Gremium des VDV-TramTrain-Beschaffungsprogrammes und eine erste Visualisierung bzw. das Modell des Standard-Fahrzeuges des VDV-TramTrain

Für die Elektrifizierung der Pinzgauer Lokalbahn und der Murtalbahn werden rund 25 weitere VDV-TramTrain-Triebwagen mit Schmalspur-Drehgestellen (760mm Spurweite) benötigt. Am 7. August 2021 veranstalteten die Verkehrsinitiativen-Vereine in Salzburg, Bayern und Oberösterreich ein Strategie-Treffen für die VDV-TramTrain-Triebwagen-Beschaffung. Ein weiterer Bericht wird demnächst in www.in-motion.me näher darauf eingehen!

Die Visualisierungen der VDV-Triebwagen für die Murtalbahn, die Pinzgauer Lokalbahn und die Gleichenberger Bahn. Die beiden ersten werden Schmalspur-Drehgestelle für Spurweite 760mm erhalten.

Visualisierung der künftigen Bayerischen Königsseebahn