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Nachruf Dkfm. Herbert Wöber – Eisenbahnjournalist und Pionier der Eisenbahn-Vereine

Nachruf Dkfm. Herbert Wöber †

von Richard Fuchs

Wenige Wochen vor seinem 94. Geburtstag verstarb am 8. Juni 2021 Dkfm. Herbert Wöber. Mit ihm verlässt uns einer der letzten „Gestalter “aus der Gründergeneration der Eisenbahnszene nach dem 2. Weltkrieg.

Eisenbahnjournalist und Pionier der Eisenbahn-Vereine

Wenige Wochen vor seinem 94. Geburtstag verstarb am 8. Juni 2021 Dkfm. Herbert Wöber. Mit Dkfm. Herbert Wöber verlässt uns einer der letzten „Gestalter “aus der Gründergeneration der Eisenbahnszene nach dem 2. Weltkrieg. Er war aber nicht nur interessierter Fan, sondern vor allem ein unermüdlicher Forscher und Schriftsteller, nicht nur – aber ganz wesentlich, zur Geschichte des Öffentlichen Verkehrs in Österreich im Generellen und seiner geliebten Heimatstadt Wien im Speziellen.

Dkfm. Herbert Wöber an seinem Schreibtisch bei der Sichtung von Unterlagen zur österreichischen Obus Geschichte. Foto Sammlung Gunter Mackinger

Dkfm Herbert Wöber war mit 73 Dienstjahren wohl der längst dienende Eisenbahnjournalist Österreichs und hat sich dabei bis zu seinem Abtreten der gründlichen Recherche verschrieben. Ein langes und erfülltes Leben – durchaus auch, aber nicht nur, für Eisenbahn, Tramway und Obus ist zu Ende gegangen – Grund genug mit der Brille des Eisenbahners dankbar zurück zu schauen.

Herbert Wöber wurde am 17. Juli 1927 in Wien Alsergrund geboren. Er erfreute sich einer guten und behüteten Kindheit – das vorschulische Lesen erlernte der kleine Herbert anhand der Liniensignale der Wiener Tramway.

historische Pläne des MAN-Obus aus der Sammlung Wöber, Ausschnitt aus Foto Sammlung Mackinger

Um 1935 kam es zu einem ersten Kontakt mit dem damals noch fahrenden 1. Wiener Obusbetrieb (1908 – 1938), der Gleislosen Bahn von Pötzleinsdorf nach Neustift. Diese Begegnung sollte das Interesse und die Aktivitäten von Herbert Wöber für ein ganzes Leben wesentlich prägen – was ihm letztlich in der Szene den Spitznamen „Obus Wöber“ bescherte. Mit seinen bewussten Wahrnehmungen der Gleislosen Bahn war er einer der wenigen, die diese frühe Ausprägung moderner E-Mobilität noch kennengelernt haben und deren Bedeutung richtig einschätzten. Nach Volks- und Hauptschule in Wien Alsergrund wechselte Herbert Wöber in das Realgymnasium Krottenbachstraße im 19. Bezirk. Und siehe da, auch dort kam er wieder in Kontakt mit „seinem“ Obus. Vor den Fenstern des Klassenzimmers konnte Herbert den Bau der ersten modernen Obuslinie Wiens – dem 22er nach Salmannsdorf – mit großem Interesse verfolgen.

Herbert Wöber blieb das Schicksal einer Jugend im Krieg nicht erspart. Ab Juli 1943 wurde die ganze Klasse als Flak-Helfer für die Luftabwehr in Groß Enzersdorf verpflichtet. Der 16-jährige „genoss“ ab sofort den Unterricht nur mehr in Einsatzpausen in den Geschützstellungen am Stadtrand. Ab September 1944 diente der junge Mann bei der Feuerwehr ehe er am 23.12.1944 (!) als Artillerist zum Militär einberufen wurde. Das Kriegsende 1945 erlebte er bei den schweren Kämpfen im Weinviertel.

die erste und letzte Generation vom Obus in Salzburg, dazwischen die "Salzburger Stadtbahn" Salzburgs Gelbe Elektrische, die Straßenbahn

Da für diese Kriegsgeneration an eine Matura in den Kriegswirren kaum zu denken war, konnte Herbert Wöber diese 1946 im befreiten Österreich nachholen. In diese Zeit fällt auch das Eintauchen in die Eisenbahn-Szene durch Freundschaften mit den „Großen“ dieser Zeit Otto Zell, Elfried Schmidt und Hans Sternhart und anderen. Dies führte letztlich 1950 zur Gründung des Verbandes der Eisenbahnfreunde (VEF), dessen Gründungsmitglied Herbert Wöber war. Ab 1946 versuchte der junge Herbert Wöber unter schwierigsten Umständen die Landeshauptstädte zu bereisen um sich einen Überblick, vor allem über die damals vielen neuen Obusbetriebe zu verschaffen. Von 1946 – 1950 studierte Herbert Wöber an der TU Wien Elektrotechnik eher er 1950 auf die Universität für Welthandel wechselte, welche er 1956 als Diplomkaufmann erfolgreich abschloss.

Die "Ausgabe 1" der Fachzeitschrift "Schienenverkehr" erschien im November 1948 und wurde, wie damals noch üblich, mit der Schreibmaschine gestaltet!

Zwischenzeitlich hob Herbert Wöber als erster Chefredakteur einer österreichischen Fachzeitschrift für Verkehrsamateure, im Verlag Natur & Technik die Zeitschrift „Schienenverkehr“ aus der Taufe. Der damalige „Schienenverkehr“ war eine unter schwierigsten Umständen produzierte, aber vom Inhalt hochwertige, Fachzeitschrift. Der Verlag „Natur & Technik“ veröffentlichte auch Herbert Wöber`s erste Publikationen wie „Trolleybusse in Österreich“ oder „Bergbahnen in Österreich“. Das im Verlag Ployer publizierte Konkurrenzprodukt „Eisenbahn“ ließ den Verlag „Natur & Technik“ das Interesse an diesem Thema verlieren und der „Schienenverkehr“ wurde 1950 eingestellt. Von da an war Herbert Wöber regelmäßiger Mitarbeiter der Zeitschrift Eisenbahn.

Herbert Wöber war kein großer Fotograf wie z.B. Otto Zell, Walter Kramer, Harald Navé oder die Brüder Alfred und Gerhard Luft, aber er dokumentierte Gesehenes – heute sind diese Fotos von unschätzbarem Wert. Was ihm während des Studiums Freude bereitete, war das Drehen und Vertonen ganzer Filme – legendär sein Film über die unvergessene SKGLB: Mit Abschluss seines Studiums 1956 heiratete er seine Frau Luise – der Ehe entstammen zwei Töchter.

Im Berufsleben widmete sich Dkfm. Herbert Wöber dem gemeinnützigen Wohnbau welcher ihn letztlich an die Spitze des Verbandes gemeinnütziger Bau- und Siedlungsvereinigungen führte. Wer jetzt glaubt, diese Thematik sei fernab von Eisenbahn, Tramway und Obus - der irrt. In den Zeiten großen Wohnungsnot gründeten Eisenbahnen und Verkehrsbetriebe eigene Wohnbaugenossenschaften um so Ihren Mitarbeitern zeitgemäßen Wohnraum anbieten zu können. So kam Dkfm. Wöber mit vielen Verkehrsunternehmen in Kontakt, welche ihm den Blick in ihre Archive ermöglichten und so seinen Forschergeist beflügelten.

Die "Ischlerbahn" und der Club 760 Verein der Freunde der Murtalbahn waren Herbert Wöber immer ein Anliegen.

Neben dem Obus in all seinen Entwicklungen und Ausprägungen, hatte es die Geschichte der Grazer Tramway, Dkfm. Herbert Wöber, besonders angetan was auch in zahlreiche, fundierte Publikationen zu diesem Thema mündete. Er wurde zum Gründungsmitglied des Tramway Museum Graz (TMG), was später sogar mit der Ehrenmitgliedschaft honoriert wurde. Seine besondere Zuneigung zur „Ischlerbahn“ mündete nach deren Einstellung in seine vielfältigen Aktivitäten, andere Schmalspurbahnen vor der Einstellung zu bewahren. Sein Engagement für die „kleinen“ Eisenbahnen auf schmaler Spur gipfelte im langjährigen und unermüdlichen Engagement beim Club 760 – Verein Freude der Murtalbahn, welcher Dkfm. Herbert Wöber sehr viel zu verdanken hat.

Nach dem Übertritt in den Ruhestand 1988 wurde Dkfm. Herbert Wöber zum Kustos für den Aufbau einer reichhaltigen und sehenswerten Eisenbahnabteilung des Bezirksmuseums Penzing, für welches er bis zu seinem Tod auch als Autor hochwertiger Fachliteratur tätig war. Seine letzten Recherchen galten dabei dem „Purkersdorfer Pendler“ einem Vorläufer der heutigen Schnellbahn zwischen Wien Hütteldorf und Purkersdorf.

Mit dem Tod von Dkfm. Herbert Wöber verliert die Österreichische Eisenbahnszene nicht nur einen großen Experten mit ungeheurem Detailwissen, sondern auch einen „Macher“ der es vorzüglich verstand seine positive Energie für vielfältige Projekte erfolgreich zu verwenden. Unser Mitgefühl gilt seiner Familie mit Töchtern, Enkeln und Urenkeln welche stets einen hohen Stellenwert für Herbert besaßen.

Die Elektrischer Oberleitungs-Automobil-Verkehr der Stadt Gmünd in Niederösterreich war die erste Obus-Linie der k.k.Monarchie im Bereich des heutigen Österreich. Stoll-Obus mit Postabteil

So bleibt nur noch beim „Obus-Wöber“ danke zu sagen für seine Freundschaft, sein Engagement in Sachen Eisenbahn, Tramway und Obus und für seine großzügige Bereitschaft sein Können und Wissen mit vielen zu Teilen! Das ist wohl auch gleichzeitig sein Vermächtnis und unser Auftrag!

Nachruf verfasst vom Eisenbahnexperten und früherer Direktor der Salzburger Lokalbahn Gunter Mackinger