move-it-graz.at: Der Motorisierungsgrad in Graz steigt unaufhörlich
Der Motorisierungsgrad in Graz steigt unaufhörlich. Die verkehrspolitischen Maßnahmen greifen nicht; sie sind zu zaghaft, zu wenig mutig, zu sehr darauf bedacht, niemanden zu verärgern. Vor allem Beschränkungen des motorisierten
Der Motorisierungsgrad in Graz steigt unaufhörlich. Die verkehrspolitischen Maßnahmen greifen nicht; sie sind zu zaghaft, zu wenig mutig, zu sehr darauf bedacht, niemanden zu verärgern. Vor allem Beschränkungen des motorisierten Individualverkehrs sind weiterhin ein rotes Tuch für die Politik.
Straßenbahnausbau
Ja, das Straßenbahnnetz wird in Graz endlich wieder ausgebaut. Aber das Ausbautempo ist sehr langsam. Weniger als ein Kilometer pro Jahr ist derzeit möglich. Zum Vergleich: Im französischen Bordeaux wurde am 29. Februar eine neue Straßenbahnstrecke eröffnet. Ein neues Tramnetz gibt es dort erst wieder seit 2003, und es misst inzwischen stolze 75 Kilometer (Graz: ca. 34 Kilometer), das sind fast 5 Kilometer Neubaustrecke pro Jahr! Das Grazer Straßenbahnpaket 2 („Hüsler-Studie“) muss so schnell wie möglich und ohne jede Verzögerung umgesetzt werden.
Straßenbahnbeschleunigung
Während moderne Straßenbahnen auf eigenen Gleiskörpern unterwegs sind, steht die Bim in Graz im Stau. Verkehrsberuhigungsmaßnahmen zugunsten der Tram, vor allem in der Leonhardstraße und Münzgrabenstraße, waren bislang politisch nicht durchsetzbar, weil sie freilich mit Beschränkungen für den Autoverkehr verbunden wären. Auch eine flächendeckende Nullwartezeit, wie sie in Zürich seit Jahrzehnten selbstverständlich ist, gibt es in Graz nicht. Oft muss die Straßenbahn warten, damit die Autos fahren können.
Radwege
Graz hat noch immer kein Radwegenetz im eigentlichen Sinn. Viele Radwege beginnen und enden im Nichts, sind sehr schmal oder müssen mit dem Fußverkehr geteilt werden. Lange Wartezeiten an Ampeln machen ein zügiges Vorankommen auf dem Zweirad unmöglich. Schnellradwege („Rad-Highways“) suchen wir vergeblich. Und unbequeme Projekte wie der Joanneumring werden aufgeschoben; Parkplätze sind halt im Zweifelfall doch „wichtiger“.
Fußgängerzonen
Die Erweiterung der FuZo in Graz ist ebenfalls eher in homöopathischen Dosen zu beobachten. Besser als nichts, aber halt nicht genug. Auch hier gilt: Projekte mit Konfliktpotential, etwa die Kaiserfeldgasse, müssen warten. Parkplätze sind auch hier „wichtiger“. Am Lendplatz wird ja genauso ein großer Teil der geplanten FuZo durch eine autofreundlichere Begegnungszone ersetzt.
Superblocks
Durchzugsverkehr in Nebenstraßen und Wohngebieten („Schleichverkehr“) ließe sich durch das aus Spanien stammende Verkehrskonzept der Superblocks effektiv vermeiden. Das schafft mehr Sicherheit und Lebensqualität im Straßenraum, speziell für Kinder, Fußgänger*innen und Radfahrende. Wann kommt der erste Grazer Superblock (z.B. im Herz-Jesu-Viertel)?
Schulstraßen
Sogar neue Volksschulen wie in Andritz oder in der Smart City werden mit Zufahrten und Stellplätzen für „Elterntaxis“ ausgestattet. Autofreie Schulstraßen, die es bereits in Wien gibt, sind in Graz offenbar unerwünscht.
Die Liste ließe sich problemlos fortsetzen, die Botschaft ist aber eindeutig: Graz bekennt sich seit Jahren auf dem Papier zur Mobilitätswende, Maßnahmen zu deren Umsetzung werden aber kaum ergriffen. Zu groß ist die Angst vor Einschränkungen des KFZ-Verkehrs und vor der unbedingt notwendigen Umorganisation der Verkehrsflächen. Die Verantwortlichen wären gut beraten, sich etwa mit der Verkehrspolitik der Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo auseinanderzusetzen...