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Windau
Ventpils/Windau - 600mm Paradies in Kurzeme Lettland

Ventpils/Windau - 600mm Paradies in Kurzeme Lettland

[Reisebericht, Reportage]
von R.F.

Während des Ersten Weltkriegs überzog die deutsche Armee das Baltikum mit einem Netz an Heeresfeldbahnen in der Spurweite von 600mm. Bei Kriegsende sollen es, allein in Lettland, rund 1.000 Streckenkilometer gewesen sein.

Bericht und Fotos: Gunter Mackinger 14.8.2019

Während des Ersten Weltkriegs überzog die deutsche Armee das Baltikum mit einem Netz an Heeresfeldbahnen in der Spurweite von 600mm. Bei Kriegsende sollen es, allein in Lettland, rund 1.000 Streckenkilometer gewesen sein. Der junge Staat Lettland nutzt 1972e die vorgefundene Infrastruktur und entwickelte daraus ein Netz von mehr als 500 km regulärer Schmalspurbahnen.

Neben zurückgelassenem Armeematerial erwarben die noch jungen lettischen Staatsbahnen 1923 noch weiteres Rollmaterial aus Demobilisierungsbeständen in Deutschland. Genutzt wurde vornehmlich das standarisierte Material der Kaiserlichen Armee, die sogenannten Brigadelokomotiven und Brigadewaggons. Es ist der Tatsache geschuldet, dass diese 600mm Schmalspurbahnen im strukturschwachen Lettland bis 1972 in Betrieb standen, dass relativ viel originales Material in unsere Zeit herübergerettet werden konnte. Herausragend ist dabei eine 600mm Schmalspurbahn in der Hafenstadt Ventpils/Windau, einstmals ein Zentrum von Schmalspurstrecken mit der Spurweite von 600mm.

Bereits 1963 wurde begonnen ein Freilichtmuseum zu errichten welches sich schwerpunktmäßig mit der Kultur der Küstenbevölkerung, der Fischer und der Fischerei auseinandersetzen sollte. Dabei spielte auch die verkehrsmäßige Erschließung der Küstengebiete mittels 600mm Schmalspurbahnen eine gewichtige Rolle und statische Exemplare, der damals noch in Betrieb stehenden Bahnen, wurden gesammelt. Nach dem Wiederentstehen der Baltischen Republiken entstand die Idee die vorhandenen Fahrzeuge auf einem Rundkurs am Rande des Museums, eingebettet in die baltische Küstenlandschaft, als Highlight den Besuchern zu präsentieren.

Mit Hilfe von EU- Mitteln konnte 2010 die erste 1,4 km lange Etappe, ein Rundkurs realisiert werden. Bestechend der Bahnhof am Museumseingang mit historischem Empfangsgebäude und dreiständigem Heizhaus. 2018 wurde eine 3 km lange Zweigstrecke „ins Gebirge“ zu einem Erlebnispark mit teils spektakulärer Trassierung und Drehscheibe am Endbahnhof.

Gefahren wird zwischen Anfang Mai und Ende Oktober, stündlich zum Erlebnispark und dazwischen Rundfahrten auf der Kurzstrecke. Eingesetzt werden die beiden Brigadelokomotiven MI 611 (Henschel/1916) und MI 631 (O&K/1915), mit dazu passenden Brigadewaggons. Selbst an Wochentagen erfreut sich Schmalspurbahn eines großen Zuspruchs, ein Besuch sei jedenfalls wärmstens empfohlen. Hier kann man richtig“ 600mm Luft“ schnuppern.